12. April 2012
Bundesgesetz über die Weiterbildung
Für die Handelskammer beider Basel ergibt sich in der noch verbliebenen strukturierten Bildung ausserhalb der staatlich geregelten Bildung, wie im Gesetzesentwurf die Weiterbildung definiert wird, kein dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf.
Zur Vernehmlassungsvorlage
Vorentwurf des Bundesgesetzes über die Weiterbildung
Allgemeine Bemerkungen
Wie im Begleitbrief zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens richtig festgestellt wird, verfügt die Schweiz bereits über ein umfassend staatlich geregeltes Bildungssystem. Für die Handelskammer beider Basel ergibt sich daraus, dass in der noch verbliebenen strukturierten Bildung ausserhalb der staatlich geregelten Bildung, wie im Gesetzesentwurf die Weiterbildung definiert wird, kein dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Wir plädieren dafür, dass der Bund bei der Ausführung des Verfassungsauftrags, Grundsätze über die Weiterbildung zu erlassen (Art. 64a BV), äusserst zurückhaltend legiferiert.
Anträge und Bemerkungen zu einzelnen Bestimmungen
Art. 5 Verantwortung
Nach Art. 5 Abs. 2 begünstigen die öffentlichen und die privaten Arbeitgeber die Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese Formulierung ist zu offen. Der Arbeitgeber hat sich aufgrund seiner Fürsorgepflicht für das berufliche Fortkommen seiner Arbeitnehmenden einzusetzen, woran er auch ein Interesse hat, nicht jedoch für deren Aktivitäten im ausserberuflichen Bereich.
Wir beantragen daher, in Art. 5 Abs. 2 die zu begünstigende Weiterbildung auf die "berufliche Weiterbildung" einzuschränken.
Einen allfällig gesetzlich verankerten Weiterbildungsurlaub, wie es gewisse gewerkschaftliche Kreise im Zusammenhang mit der vorliegenden Gesetzesbestimmung fordern, lehnt die Handelskammer beider Basel dezidiert ab.
Art. 6 Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung
Der Geltungsbereich von Art. 6 sei auf die von Bund und Kantonen selbst organisierte oder unterstützte Weiterbildung einzuschränken.
Begründung: Art. 6, insbesondere Abs.2 lit. a bis d, will die Qualitätssicherung und die Qualitätsentwicklung in den Lernprogrammen, bei der Qualifikation der Ausbildenden, in den Qualifikationsverfahren und bei der Information über die Angebote sicherstellen. Ein solches umfassendes Regelwerk ist nur für Weiterbildungsangebote angebracht, die klar im öffentlichen Interesse sind und deshalb von der öffentlichen Hand selber organisiert oder von subventionierten privaten Anbietern erbracht werden. Aus ordnungspolitischer Sicht und im Hinblick auf die in Art. 5 WeBiG postulierte Selbstverantwortung verbietet es sich hingegen, den gesamten privaten Weiterbildungsmarkt, etwa auch den vielfältigen Bereich der Hobby-Kurse, einschlägigen Vorschriften im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. a bis d zu unterstellen. Im umfassenden Geltungsbereich von Art. 6 zur Sicherstellung von Qualität und Qualitätsentwicklung äussert sich die Tendenz des Gesetzesentwurfs, nicht-formale Bildung (Weiterbildung) zu formalisieren, d.h. zu staatlich geregelter Bildung zu machen.
Art. 7 Anrechnung von Bildungsleistungen an die formale Bildung
Ersatzlos streichen.
Begründung: Auf Stufe Berufsbildung ist die Anrechenbarkeit von Bildungsleistungen an die formale Bildung in Art. 9 Abs. 2 und Art. 33 nBBG bereits einschlägig geregelt. Auf Hochschulstufe, wo eine analoge Regelung noch fehlt, ist das Anliegen rechtssystematisch im kommenden Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetz zu verankern.
Art. 9 Vermeidung von Wettbewerbsverfälschungen
Aus ordnungspolitischen Gründen unterstützen wir die in Art. 9 getroffene Regelung zur Vermeidung von Wettbewerbsverfälschungen mit Nachdruck. Insbesondere begrüssen wir die Vorschrift in Art. 9 Abs. 2 letzter Satz, wonach öffentlich-rechtliche und staatlich unterstütze Bildungsanbieter Kosten und Erträge der einzelnen Bildungsangebote auszuweisen haben. Als sinnvoll erachten wir ebenfalls das in Art. 9 Abs. 3 ausgesprochene grundsätzliche Verbot der Quersubventionierung von staatlich durchgeführten, unterstützten oder geförderten Weiterbildungsangeboten.
Art. 12 Beiträge an gesamtschweizerische Organisationen der Weiterbildung
Im Titel von Art. 12 sowie in den Absätzen 1 und 2 sind "Organisationen der Weiterbildung" zu ergänzen mit "… und der Arbeitswelt".
Begründung: Organisationen der Arbeitswelt (Dachverbände der Wirtschaft) sind traditionell bedeutende Träger der beruflichen Weiterbildung. Sie sind dafür auch prädestiniert und kompetent, weil sie die Ausbildungsbedürfnisse ihrer Branchen bestens kennen. Es ist unverständlich, dass gesamtschweizerische Organisationen der Arbeitswelt als mögliche Empfänger für Beiträge an ihre Weiterbildungsengagements im vorliegenden Gesetzesentwurf ausgeklammert werden.
5. Abschnitt: Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener (Art. 13 - 16)
Bemerkung: Angesichts des vom Kindergarten bis zur Hochschulstufe kohärent aufgebauten öffentlichen Bildungssystems, das neuerdings noch durch das Case-Management (Berufswegbereitung) ergänzt wird, ist es bedenklich, dass mit den sog. IIletrismus-Artikeln im Weiterbildungsgesetz ein neuer Bildungstatbestand geschaffen werden muss.
Art. 21 Weiterbildungskonferenz
Laut Gesetzesentwurf soll sich die Weiterbildungskonferenz lediglich aus Vertretungen von Bund und Kantonen zusammensetzen. Diese Lösung erachten wir angesichts der Aufgaben, die diesem Gremium zugedacht sind, keineswegs als sachgerecht. Namentlich die Beobachtung der Entwicklung der Weiterbildung (Art. 21 Abs. 2 lit. a), die Sicherstellung der interinstitutionellen Zusammenarbeit im Sinne von Art. 21 Abs. 2 lit. c, die Erarbeitung von Vorschlägen für Richtlinien betreffend die Qualitätssicherung und die Qualitätsentwicklung der Weiterbildung (Art. 21 Abs. 2 lit. d) sowie die Pflege des Dialogs mit den interessierten Kreisen der Weiterbildung (Art. 21 Abs. 2 lit. f) erfordern aus fachlichen Gründen zwingend den Einbezug von Organisationen der Arbeitswelt, die wesentliche Akteure in der Weiterbildung sind.
In diesem Sinn fordern wir eine Vertretung der Organisationen der Arbeitswelt in der Weiterbildungskonferenz, analog zur Berufsbildung, die nach Art. 1 nBBG mit Erfolg als Verbundaufgabe von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeits- welt umgesetzt wird.
Downloads
Artikel teilen
Das könnte Sie auch interessieren
-
30. August 2018
Stellungnahme: Änderung der Postverordnung – neue Erreichbarkeitsvorgaben
Die «Änderung der Postverordnung (VPG; SR 783.01) – Neue... Weiterlesen...
-
30. August 2018
Schule goes digital
Der tägliche Umgang mit elektronischen Geräten alleine genügt... Weiterlesen...
-
23. August 2018
Stellungnahme: Verordnungspaket Umwelt Frühling 2019
Die Handelskammer beider Basel nimmt die Gelegenheit wahr, zum... Weiterlesen...
-
31. Juli 2018
8. Generellen Leistungsauftrags im Bereich des öffentlichen Verkehrs – Fortführung für die Jahre 2020 und 2021
Grundsätzlich ist die Handelskammer beider Basel mit den... Weiterlesen...
-
29. Juni 2018
Erfolgreicher Lehrabschluss
Die diesjährigen Abschlussprüfungen der WMS-Lernenden weisen... Weiterlesen...
-
29. Juni 2018
Kinder frühzeitig für MINT begeistern − die Handelskammer macht's vor
In der MINT-Föderung hinkt die Schweiz im internationalen Vergleich... Weiterlesen...
-
21. Juni 2018
Investment mit Weitblick
Die Universität Basel hat in den letzten Monaten für positive... Weiterlesen...
-
10. Juni 2018
Angriff auf Bildungsrat erfolgreich abgewehrt
Das Komitee «Wirtschaft für Bildungsqualität» begrüsst, dass die... Weiterlesen...
-
07. Juni 2018
Guter Start für Coaching und Rent a Boss
«Coaching» und «Rent a Boss» sind erfolgreich gestartet: Fast alle... Weiterlesen...